Jeder Mensch ist in mehreren Systemen eingebunden, wie z.B. in die Familie, die Arbeitsstelle, die Schule, dem Verein, der Peergruppe usw. Einerseits werden wir von diesen Systemen beeinflusst, andererseits beeinflussen wird diese wiederum durch unser Verhalten und unsere Reaktionen.
Durch dieses Zusammenspiel bilden sich bestimmte wechselseitige Verhaltens- und Reaktionsmuster. Als Kinder lernten wir in unserer Herkunftsfamilie gewisse Muster, die im damaligen System, aus welchem Grund auch immer, hilfreich waren. Gründen wir später selbst eine Familie greifen wir automatisch auf diese vertrauen Muster zurück, die uns geprägt haben, ohne zu wissen, ob sie in dem neuen System ebenfalls förderlich oder sinnvoll sind. Es kommt zu Unverständnis und Verwirrung, wenn sich herausstellt, dass dieses Verhalten welches einmal als hilfreich empfunden wurde im derzeitigen System keine Gültigkeit hat und sich destruktiv auf die aktuellen Beziehungen auswirkt. Da diese hinderlichen Muster von den Betroffenen selbst oftmals nicht erkannt werden, kann es hilfreich sein, Therapie in Anspruch zu nehmen. In der Therapie erhalten sie Unterstützung diese Muster sichtbar zu machen, sie zu unterbrechen und nach förderlichen Alternativen zu suchen.
Therapie kann der notwendige Rahmen sein, der es einer Familie ermöglicht, eine positive Veränderung der Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern zu etablieren.
Patchwork Familie ist ein anderer Begriff für Stieffamilie – von einer Patchwork Familie spricht man, wenn mindestens ein Elternteil, ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Familie mit eingebracht hat.
Nach einer Scheidung fragen sich Eltern häufig, wie sich die Trennung auf die Kinder auswirkt. Später kommt die Frage hinzu, wie die Zusammenführung der neuen Familienmitglieder von statten gehen soll. Wieviel Mitspracherecht bekommt der neue Partner, oder die neue Partnerin? Wieviel möchte er, oder sie sich überhaupt einbringen? Es treffen verschiedene Werte und Erziehungsstile aufeinander.
Hat die gemeinsame Kindererziehung in intakten Beziehungen schon nicht unerhebliches Konfliktpotenzial, kann es nach einer Trennung zu einer echten Herausforderung werden.
Es ist wichtig, dass die Kinder nicht das Gefühl haben, sich für oder gegen einen Elternteil entscheiden zu müssen. Hilfreich ist, wenn die Expartner die die Elternschaft auch nach der Trennung verbindet, bereit sind flexibel zu sein und Kompromisse einzugehen. Kommt es zu ständigen Machtkämpfen und werden Besitzansprüche und Kränkungen über die Kinder ausgetragen, wirkt sich das vor allem negativ auf die Kinder aus. Kinder reagieren auf psychische Belastungen häufig mit Bauchschmerzen, da sie seelische Schmerzen und unangenehme Gefühle in ihre Körpermitte projizieren.
Förderlich für die Kinder ist, wenn die Eltern einen wertschätzenden Umgang miteinander pflegen und nicht schlecht über den Expartner vor den Kindern reden und Vereinbarungen verlässlich eingehalten werden. Regelmäßiger Kontakt zu beiden Elternteilen ist sowohl für den Identifikationsprozess, als auch den Abnabelungsprozess der Kinder und Jugendlichen wichtig.
Manchmal verhalten sich die Kinder nicht so wie es von den Eltern erwartet wird und manchmal verhalten sich die Eltern nicht so, wie sich die Kinder das wünschen würden.
Jedoch macht jede Familie mehr richtig, als es in konfliktreichen Zeiten und Krisen oftmals den Anschein hat.
Uneinigkeiten gehören zum Leben dazu, denn kein Mensch kann sich einem anderen so anpassen, dass er seine Gefühle, Meinungen und Überzeugungen gänzlich ablegt. Ein Streit dient außer die eigene Sicht der Dinge zu vertreten dazu, ein wesentliches Spektrum seiner Gefühle erleben zu können und sich selbst in Auseinandersetzungen mit anderen zu bringen und neue Facetten an sich zu entdecken.
Viele Kinder haben schwer erziehbare Eltern.
Jean-Jacques Rousseau
Streiten zu können ist genauso wichtig wie das „angemessene“ Verhalten, Empathie, oder das Beherrschen von Alltagsfertigkeiten. Natürlich spielt das Temperament einer Person eine entscheidende Rolle, wie ein Streit verlaufen kann. Im Laufe der Zeit entwickelt das Kind Fertigkeiten wie es sich behaupten und den Streit gewinnen kann oder wie es sich aus der Situation zurückziehen kann.
Egal ob es ihnen bewusst ist oder nicht – die Eltern nehmen dabei eine Vorbildfunktion ein. Von Bedeutung ist welche Streitkultur eine Familie entwickelt hat und worauf sich die Eltern untereinander und mit ihren Kindern geeinigt haben – diese Einigung kann verbal kommuniziert werden – kann aber auch ein unausgesprochenes „Gesetz“ sein.
Da Kinder sowieso merken, wenn zwischen den Eltern dicke Luft herrscht, können diese auch ruhig vor den Kindern streiten. Den Konflikt zu verheimlichen würde eher zu Unsicherheit auf Seiten der Kinder führen.
Ein Streit an sich ist nichts Negatives, nur die Auswirkungen dessen können als negativ erlebt werden. Zum Beispiel wenn es zu Abwertungen und Beschimpfungen kommt, keine Lösung gefunden wird und die Folge verhärtete Fronten sind, oder die Beziehung infrage gestellt wird. Kinder müssen lernen, dass obwohl man streitet sich noch liebt und dass nicht jeder Streit gewonnen werden kann.
Dadurch lernen Kinder die unterschiedlichen Facetten einer Auseinandersetzung und trauen sich bei Meinungsverschiedenheiten ihre Sicht der Dinge zu äußern, aber sie lernen auch, wann es klüger sein kann, sich zurückzuhalten.
Um sich zu psychisch gesunden Erwachsenen entwickeln zu können brauchen Kinder Sicherheit, Halt und Orientierung durch klare Grenzen und verbindliche Regeln. Da Kinder noch nicht in der Lage sind die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und Risiken nicht ausreichend beurteilen können brauchen sie dazu Grenzen und Regeln.
Haben Kinder zu große Entscheidungsspielräume kann das zur Überforderung führen – die Kinder fordern dann durch aggressives und provokatives Verhalten die Eltern oftmals unbewusst heraus, um durch klare Grenzsetzungen die notwendige Orientierung zu bekommen.
Die Kinder müssen natürlich vorher wissen, was sie bei Nichteinhaltung der Regeln erwartet. Wird das vorher Ausgemachte auch umgesetzt, vermitteln die Eltern damit Beständigkeit und werden so von dem Kind auch als verlässlich erlebt.
Die Konsequenzen der Regelverletzung müssen unmittelbar stattfinden, damit sie für das Kind logisch und nachvollziehbar sind. Das Kind lernt so, dass es für seine Handlungen auch die Verantwortung trägt und die Konsequenzen tragen muss.
Ausgemachte Regeln müssen eingehalten und regelmäßig angewandt werden, reagieren die Eltern mal so und mal anders, führt das zu Verunsicherung seitens des Kindes.
Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Ausnahmen geben soll, die Eltern können natürlich auch mal ein Auge zudrücken. Schwierig wird es, wenn sich Ausnahmen häufen und die Eltern durch die ständigen Änderungen von den Kindern als unberechenbar und inkonsequent erlebt werden. Wenig hilfreich sind auch unrealistische Strafen, die aus einer Überforderung heraus mal schnell ausgesprochen werden, von denen aber die Familienmitglieder wissen, dass sie nicht umgesetzt werden (können).
Wird das Kind älter – sollen sich natürlich auch erzieherische Regeln und familiäre Grenzen ändern und auf das Lebensalter des Kindes wieder abgestimmt werden. Ein Jugendlicher benötigt andere Grenzsetzungen als ein Kind, deswegen ist es notwendig Regeln auch mal zu hinterfragen und wenn notwendig wieder anzupassen.
Durch die Forderung an die Kinder die Regeln einzuhalten und wenn notwendig auch die Konsequenzen umzusetzen, kommen Eltern mit dem unangenehmen Teil der Erziehung in Berührung. Das heißt die Eltern müssen es aushalten sich bei ihrem Nachwuchs auch mal unbeliebt zu machen und sich dessen Ärger und Wut zuzuziehen.
Kinder lernen so von ihren Eltern wie diese mit frustrierenden Situationen und Provokationen (von denen es in jeder Familien genügend gibt) umgehen – aus der Reaktion der Eltern auf solche Situationen entwickelt das Kind seine eigene Frustrationstoleranz. Gefühle wie Wut, Ärger, Traurigkeit gehören zum Leben und können nicht immer vermieden werden – das Aushalten dieser Gefühle und der Umgang mit Widerstand und Frust ist ein wesentlicher Baustein in der Entwicklung eines Kindes.
Kinder dürfen auch merken, dass ihre Eltern Fehler machen und auch mal an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen.
Eltern sein bedeutet auch mal den bösen Part zu übernehmen und etwas zu verbieten. Jedoch sollte nicht nur immer ein Elternteil der „Böse“ sein müssen. Für die Kinder ist es wichtig zu merken, dass die Eltern an einem Strang ziehen.
Das wird zur Herausforderung vor dem Hintergrund, dass eine der häufigsten Ursachen für Streit in einer Beziehung Meinungsdifferenzen bezüglich Strenge, Disziplin und Inkonsistenz zwischen Eltern in der Kindererziehung ist.
Alle glücklichen Familien ähneln einander, jede unglückliche Familie aber ist auf ihre Weise unglücklich
Leo Tolstoi
Generell gilt – wird unerwünschtes Verhalten getadelt, sollte man erwünschtes Verhalten auch loben. Lob motiviert das Kind und richtet die Aufmerksamkeit auf das, was dem Kind schon gelingt. Lob stärkt das Selbstbewusstsein und die Selbständigkeit des Kindes. Lob motiviert mit dem positiven Verhalten weiter zu machen. Bekommen Kinder genügend Aufmerksamkeit für angemessenes Verhalten, können sie vielleicht eher darauf verzichten durch unangemessenes Verhalten aufzufallen.
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